Dr. Ich

Tom van Hasselt

Text & Komposition

Uraufführung

La Chappella, Bern

Jahr

2009

Category
Musicals

 

Das Mikrobical

 

Dr.Ich hat es geschafft. Nach jahrelangen Forschungen hat er in einer Hirnzelle den Teil des menschlichen Gehirns ausfindig gemacht, der seine Persönlichkeit repräsentiert. Seine Seele, sein Bewusstsein: Das Ich. Doch der Versuch, diese Hirnzelle aus seinem eigenen Körper zu isolieren geht schief, und es kommt zum Super-GAU. Dr.Ich verschluckt sich und landet in seinem eigenen Darm.

 

Der Klavierkabarettist Tom van Hasselt, seit zehn Jahren mit Solo-Programmen auf deutschsprachigen Bühnen unterwegs, präsentiert mit Dr.Ich sein erstes Musical, das Satire und Big Show zugleich ist. Um sich versammelt hat er ein zehnköpfiges Team von Schauspielern, Musical-Darstellern und Musikern die sich alle auf der Suche nach originellem Stoff in diesem Genre auf das Experiment eines Kleinkunst-Musicals einliessen.

 

Nach drei Aufsehen erregenden Lesungen im Robert-Koch-Hörsaal der Charité in Berlin wurde die Inszenierung des Stückes als erste Produktion der Stammzellformation in Bern und Berlin mit Standing Ovations gefeiert.

 

Aus dem Kopf in den Bauch

 

Was ist ein Mikrobical? Ein Mikrobical ist ein Musical, das im Inneren statt findet. Ein Musical, das verzichtet auf alle Geschmacksverstärker, Farbstoffe und Konservierungsmittel, und dafür reicher ist an natürlichen Zutaten: Musik, Schauspiel und Tanz – und ausserdem noch was für den Kopf. Am Anfang war die Zelle. Die Mikrobe. Das Bakterium. Der Ursprung des Lebens. Das erfolgreichste Lebewesen der Welt – gemessen an Überlebensdauer und Verbreitung. Sie sind in den absurdesten Gegenden vertreten, unter ewigem Eis, in glühenden Vulkanen, in toten Steinwüsten. Sogar im Weltall fliegen sie umher. Und in uns. Und was macht so ein Elementarteilchen den ganzen Tag? Nur Klonen und Nahrung aufnehmen, nur fressen und vermehren? Das wäre für eine 10 Milliarden Jahre alte Spezies doch auf die Dauer langweilig. Wir sprechen doch von Bakterienkulturen, worum sollten sie keine haben? Warum sollten sie nicht ab und zu singen und tanzen? Für uns sind sie vor allem Schmutz. Eine unsichtbare Bedrohung, die man durch regelmässiges Waschen gering halten muss. Aber sie gehören zu uns. Es gibt zehnmal mehr Einzeller im menschlichen Körper als dieser aus eigenen Zellen besteht. Du bist nie allein – du bist ein All.

 

Und was sind wir für sie? Versetzen wir uns in sie hinein (und in uns hinein) und stellen wir uns vor, es gäbe ein millionenmal grösseres Wesen, auf dem, in dem und von dem wir leben, weil es unser Lebensraum ist, unsere Welt. Wer weiss, vielleicht ist es so. Vielleicht ist Gott gar nicht transzendent, sondern ein grosser Organismus, den wir als Parasiten bevölkern, unser großer Wirt. Wir sind alle Dr.Ich. Wir sind alle Mikroben. Wir sind alle Teil einer großen, kleinen Show, eines Mikrobicals. Die Kleinen sind die Grössten! Kommen Sie rein in Dr.Ich, dann wird Dr.Ich in Ihnen sein und nicht mehr raus gehen.

 

Dr.Ich: Boris Freytag
Lacta Lactobazillus: Nini Stadlmann
Escherichia Coli: Gerald Michel
Heliobacter Pilori: Andreas Goebel
Heliobacter Pilori: Felix Powroslo
Bifi Bifidum: Nicole Rössler
Pilz | Antibiotikum: Dominik Büttner

 

Regie: Markus Lachmann
Text | Musik: Tom van Hasselt
Choreografie: Nini Stadlmann
Fotografie | Grafik: Hendrik Weber
Technik | Licht: Sé Strobach

 

Eine Produktion der Stammzellformation 2009.

 

Fotos / Video: Hendrik Weber | WDA